Das wichtigste in Kürze
Stell dir vor, du rankst ganz oben bei Google und trotzdem klickt niemand drauf! Willkommen zu Zero Clicks.
Stolze 64,8 % der Google-Suchen enden ohne einen Klick. Genau das behauptet Rand Fishkin, CEO des Zielgruppenforschungs-Tools SparkToro. Google und einige Statistiker widersprechen diesen Aussagen vehement. Was steckt dahinter und was müssen Marketer beachten?
- Das Social Media Analyse Unternehmen SparkToro behauptet, dass 67,8 alle Google Suchen ohne Klick auf ein Suchresultat enden
- Google widerspricht dieser Darstellung vehement
- Auch Statistiker haben ihre Einwände
- Marketer müssen nun die richtigen Lehren aus der Zero Click Theorie ziehen
Der Stein des Anstosses
Am 22. März 2021 verkündete SparkToro CEO Rand Fishkin auf seinem Firmenblog die Resultate einer Analyse, die brisante Aussagen beinhaltete. So sollen zwei Drittel aller Google Suchanfragen ohne Klick auf eines der Suchergebnisse enden. Bereits 2019 hatte SparkToro (allerdings mit einer anderen Datenbasis als Grundlage) ähnliche Behauptungen aufgestellt.
Was sind Zero Clicks?
Der Begriff Zero Clicks (also null Klicks) hat den Hintergrund, dass Google seinen Nutzern bereits seit Jahren eine neue Art von Suchergebnissen liefert. Je nach Kontext der Frage, antwortet Google in gewissen Fällen mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) direkt in seinen Suchergebnisseiten (SERP), ohne dass zuerst noch auf einen externen Link geklickt werden müsste.
Wenn Google also immer öfters die Antworten zu Suchanfragen direkt in der Suchergebnis-Seite (SERP) präsentiert, ist das für die Nutzer eine tolle Sache: wieder ein Klick gespart. Auch das mühsame Abscannen nach der gesuchten Information, beispielsweise in einem langen Blogartikel, fällt weg.
👉🏼 Kein Wunder also, nimmt der Anteil an Zero Clicks stetig zu.
Die Webseitenbetreiber hingegen gucken vermehrt in die Röhre. Einerseits liefern sie die wertvollen Inhalte, anderseits fällt ihnen immer öfters der Traffic weg.
👉🏼 Der hohe Anteil der Zero-Click Searches ist für mich dennoch etwas überraschend. 64,8 % der Google-Suchen (bei Mobile ist der Anteil sogar noch ausgeprägter als bei Desktop) sollen angeblich ohne einen Klick enden. Kann das wirklich sein?
Ist die SparkToro Analyse tatsächlich repräsentativ?
Bereits 2019 zweifelte die Statistikerin Jennifer Hood die Ergebnisse der damaligen SparkToro Analyse an (die auf Daten der Firma Jumpshot basierten) und verwies dabei auf die sogenannte Availabilty Bias, eine kognitive Verzerrung, die dazu führt, dass Daten falsch interpretiert werden.
Rand says he estimates that Jumpshot’s data contains ‘somewhere between 2-6% of the total number of mobile and desktop internet-browsing devices in the U.S., a.k.a., a statistically significant sample size…’ Rand would be right about statistical significance IF the Jumpshot data were a truly random and representative sampling of all Google searches.
From what I could find, [Jumpshot] harvested all their data from users who used Avast antivirus… This set of users and their data likely differs from all Google users.
This means that the sample Jumpshot provides isn’t random and likely not representative enough – a classic sampling error usually referred to as Availability Bias.
Jennifer Hood, Statistikerin
Dia Availability Bias (Verfügbarkeitsheuristik) ist eine kognitive Voreingenommenheit, die dazu führt, dass man glaubt, dass etwas repräsentativ für die meisten Dinge ist, obwohl es in Wirklichkeit nur einen begrenzten Geltungsbereich hat.
Hood verwies darauf, dass die damals für die Analyse herangezogenen Daten ausschliesslich auf Daten von Avast Antivirus Nutzern basierte. Konkret heisst das also, dass es (logischerweise) wenig Sinn macht, das Verhalten von Nutzern mit Avast Antivirus auf alle Internetnutzer zu projizieren.
Die neuste Analyse hat jetzt zwar eine andere Datengrundlage, aber es darf erneut bezweifelt werden, dass die Daten dieses Mal repräsentativer sind.
Was die Statistik und die daraus abgeleitete Analyse ebenfalls nicht berücksichtigen, ist der fehlende Kontext.
Bei Statistiken ohne Kontext ist Vorsicht geboten
Suchanfragen können sich inhaltlich massiv unterscheiden. Im Suchmaschinenmarketing unterteilt man diese grob in Informational, Navigational und Transactional Search Queries.
Bei der informationsgetriebenen Suche werden in der Regel Suchbegriffe verwendet, bei denen Lösungen auf ganz bestimmte Fragen finden wollen. Diese Suchanfragen finden oft in einer frühen Recherchephase des Kaufentscheidungsprozesses statt.
Navigationssuchen werden getätigt, wenn nach bestimmten Marken oder wenn nach ganz spezifischen Webseiten oder Inhalten gesucht wird.
Hinter transaktionalen Suchanfragen steht eine klare Handlungsabsicht. Dies kann die Absicht sein, eine Dokumentvorlage herunterladen oder ein Produkt kaufen zu wollen.
Im Prinzip finden Zero Clicks nur bei der Informational Search Queries statt oder wenn das gewünschte Suchresultat nicht in der SERP angezeigt wird.
Selbst bei der informationsgetriebenen Suche muss weiter unterschieden werden. Es ist ein Unterschied, ob jemand von Google wissen möchte, wie gross Tom Cruise ist, wann die nächstgelegene McDonald’s Filiale öffnet oder wie man Dauphinekartoffeln zubereitet. Kontext!
Google widerspricht der SparkToro Analyse vehement
Folgendes Statement hat Google auf seinem Blog „The Keyword“ veröffentlicht:
…this claim relies on flawed methodology that misunderstands how people use Search.
In reality, Google Search sends billions of clicks to websites every day, and we’ve sent more traffic to the open web every year since Google was first created.
And beyond just traffic, we also connect people with businesses in a wide variety of ways through Search, such as enabling a phone call to a business.
Was sind die Konsequenzen von Zero Traffic für Marketer?
Auf LinkedIn hat jemand in einer Diskussion in Bezug auf die Folgen von Zero Traffic kommentiert: „Ich denke dann geht uns Traffic verloren… Die Frage hier ist, ob der Brand „Marke hinter dem Suchresultat“ beim User hängen bleibt oder nicht.“
👉🏼 Es ist unbestreitbar, dass den Brands durch Zero Clicks Traffic verloren geht. Meine Frage dazu lautet jedoch: ist das wirklich so schlimm?
Nutzer, die mehr als eine rasche Antwort auf eine einfache Frage wie Öffnungszeiten, Preise etc. suchen, werden auf ein angezeigtes Suchergebnis draufklicken. Solche Nutzer wären auf der Zielseite sowieso relativ schnell wieder abgesprungen, was sich negativ auf die Engagement Rate einer Website auswirkt. Und so hilft Google den Brands womöglich sogar noch indirekt und unfreiwillig dabei, die Spreu vom Weizen zu trennen. Das bringt dann zwar weniger Traffic, erhöht dafür potentiell das Engagement auf der Website.
👉🏼 Das eine tun, das andere nicht lassen.
Eine andere Nutzerin schrieb in der oben erwähnten LinkedIn-Diskussion folgenden Kommentar: „In Zukunft spielt wohl der Gesamtauftritt auf der SERP, insbesondere mittels Structured Data, eine immer wichtigere Rolle für Brands 💡“
Das sehe ich genauso. Die Aussage, sich mittels strukturierten Daten gegenüber den Mitbewerbern einen Vorteil verschaffen zu können, hat schon seit langer Zeit Gültigkeit. Das gilt nun umso mehr. Natürlich wird dadurch das Zero Clicks Problem nicht aus der Welt geschafft, muss es aber vielleicht auch nicht zwingend. Wie siehst du das?